30 Jahre Starlight Express

30 Jahre Starlight Express – eine ehrliche Meinung

Anfang April landete ein richtig hübscher Briefumschlag bei mir im Briefkasten. 6 Tickets für das „rasanteste Musical der Welt“.
4 davon wurden direkt verlost, zwei waren für unsere Redaktion – damit wir uns für euch ein Bild machen können.
Das konnten wir gestern. Ich war vor Jahren schon mal da und muss gestehen, viel war nicht mehr in Erinnerung geblieben.

30 Jahre Starlight Express – Faszination auf neuen Rollen

Ich bin absolut kein Musicalfan, aber wer im Ruhrpott geboren ist, dort lebt, liebt und malocht, sollte auch den Ruhrpott kennengelernt haben. Und dazu gehören eben nicht nur Halden, Einkaufszentren, Zechen und Kneipen, sondern auch diverse Attraktionen.
Starlight Express sollte da bei jedem ganz oben auf der Liste stehen. Schließlich gibt es diese Show – irgendwie gefällt mir dieser Begriff lieber, als das Wort Musical – seit nun etwas mehr als 30 Jahre.
Es ist eine atemberaubende Geschichte, romantisch-verklärt, in dem internationale Züge gegeneinander antreten. Mit dabei, Rusty, eine altmodische Dampflok, die sich, angetrieben durch die Motivation der Liebe, gegen moderne Züge beweisen will.
Nun denn, in den letzten 3 Jahrzehnten gab es schon immer ein paar Veränderungen. Kostümtechnisch und auch musikalisch.
Ich weiss selber wie es ist, wenn auf dem Tacho plötzlich die 30 steht. Diese Zahl zieht an niemanden einfach so vorbei.
Aus diesem Grund gab es eine vierwöchige Kreativpause.
Andrew Llyod Webber und sein Team haben Starlight Express nahezu komplett general überholt.
Zahlreiche neue Schauspieler, Songtexte wurden überarbeitet, komplette Lieder ersetzt.
Auch wenn Starlight Express durch den Kindheitstraum von je an zeitlos wirkte; die Show wirkt seit Anfang Juni 2018 frischer, moderner, jünger.

30 Jahre Starlight Express – Bühnentechnik

Puh. Leute? Ich bin ein Gewohnheitstier. Wer ein bestimmtes Pils trinkt, öffnet selten ein anderes. Genau deswegen bin ich gestern mit einer großen Portion Skepsis in den Saal des Gebäudes am Stadionring gelaufen.
Große Veränderungen gibt es vor allem auch auf technischer Basis. Die Soundanlage wurde großzügig modernisiert. Und ja, das hört man. Die Gesangseinlagen sind wesentlich klarer und besser zu verstehen als vor Jahren.

Neue Lichteffekte passen zur Generalüberholung und bieten den Lichttechnikern mehr Möglichkeiten als zuvor. Mein persönliches Highlight sind die Effekte beim Duett von Mama-Lok und Rusty.

30 Jahre Starlight Express – neue Charaktere, überarbeitete Kostüme

Die wahrscheinlich größte Veränderung ist meiner Ansicht nach übrigens nicht der Geschlechterwechsel von Papa-Lok zu Mama-Lok. Wirklich, das ist völlig okay, total akzeptabel. Es passt.
Wahrscheinlich deshalb, weil diese Veränderung eh keine inhaltlichen Konsequenzen mit sich zieht.
Die Mama-Lok übernimmt komplett den Part der Papa-Lok. Nicht mehr und nicht weniger.

Interessant zu wissen: Die Rolle der „Mama“ spielt übrigens Reva Rice, die 1987 die erste „Pearl“ am Broadway in New York war! Dass sie immer noch nach über 30 Jahren eine stimmgewaltige Sängerin ist, beweist Reva direkt mit ihrem ersten Song.

Ich war übrigens über Electra extrem verwundert und leider auch ein wenig schockiert.
Die männliche E-Lok hatte ich noch als modernen, futuristischen Rebell in Erinnerung. Rot-blauer Irokesenhaarschnitt, rot-blaues Kostüm. Im Vergleich zu den anderen Kostümen war er der smarte, coole Zug.
Der Typ von der Highschool, der Football spielt und ständig Frauen um sich hat. Ihr wisst, was ich meine.
Inzwischen könnte Electra schon fast der Matrix entsprungen sein. Vollgepackt mit LEDs, Glasfaser-Irokese, weiß geschminkten Gesicht. Auch wenn Electra’s Erscheinungsbild nun eindeutig elektrischer wirkt, gefiel er mir vorher eindeutig besser.

Aber irgendwie passt auch das in die heutige Zeit.
Wie er selber über sich behauptet: Elektrizität verändert ihn. Nun, Recht hat er.

Die Rockys wurden einige Jahre lang durch die Hip-Hoppers ersetzt.

Nun sind sie wieder zurück und passen eindeutig besser ins Bühnenbild und zur Story als der jahrelange Rap-Ersatz. Eine super Entscheidung!

Die kleinste Veränderung unter den Charakteren:
Unter den bislang stets männlichen Zügen mischt nun auch ein weiblicher Zug mit. Der französische Schnellzug trägt nun den Namen „Coco“. Eine große Veränderung ist dies jedoch absolut nicht.

30 Jahre Starlight Express – neue Lieder, alte Texte

Ein sehr bemerkensweter neuer Song ist „Ich bin Ich“.

Der Text stellt die weiblichen Waggons quasi auf ein neues Gleis.
Galten „Pearl“, der erste Klasse Wagen, „Dinah“, der Speisewagen, „Carrie“, der Gepäckwagen und „Belle“, der Barwagen einst lediglich als „Anhähngsel“ der Züge, beweisen sie nun emanzipiert, dass diese ohne ihre Waggons nicht viel weiterkommen.
Apropro: Pearl hat zum Glück keine rosa-pinken Haare mehr.
Dadurch wirkt sie nicht mehr wie das kleine Dümmchen, sondern deutlich selbstbewusster.

Oft sind es Veränderungen an Liedern, die es bereits in der alten Version des Starlight Express gab, die der Show nun einen frischen Klang geben.

30 Jahre Starlight Express – neues Opening

Das Opening war immer einer der Höhepunkte der Show.
Wenn die Melodie anfing, sich immer weiter steigerte, der erste Zug auf der Brücke erschien und plötzlich auf der Laufbahn die ganzen Züge mit den Flaggen erschienen; das war ein Gänsehautmoment der Superlative.
Das war stets eine emotionale Einleitung, die einen direkt in die richtige Stimmung versetzte.
Nach der Generalüberholung wird diese Melodie schon direkt von einem Kind unterbrochen. Es folgt eine schlichte Vorstellung aller Züge.
Lieber Herr Llyod Webber, wenn eine Dampflok gegen einen ICE, einen TGV, eine Diesellok usw. gewinnt, dann IST es Nostalgie und Romantik. Und genau das macht „Starlight Express“ aus. Da kann nicht „Schluss mit diesem altmodischen und sentimentalen Kitsch“ sein. Denn mit diesen Worten ruft der kleine Junge aus den Lautsprechern dazwischen.

Meiner Meinung nach versucht Andrew Lloyd Webber durch die neue Generalüberholung am Ball zu bleiben. Mit neueren Produktionen kann er nicht an seine Erfolge von Cats, Sunset Boulevard, Phantom der Oper oder ebeb Starlight Express anknüpfen.
Also versucht er seine langjährig gut laufenden Stücke neu zu interpretieren.
Das klappt zumindest bei Starlight Express einigermaßen.
Vll. ist es auch wie mit diesen ganzen Reboots im Kino.
Den einen gefallen Neuverfilmungen, den anderen weniger.
Genau so verhält es sich mit Starlight Express. Wer jahrelang immer wieder die „alte“ Version gesehen hat, wird wahrscheinlich sehr überrascht sein.
Dennoch bleibt Starlight Express ein kurzweiliges, atemberaubendes Meisterwerk, welches ich jederzeit kleinen, aber auch großen Besuchern empfehlen kann und möchte.

Was ich übrigens auch nennenswerte finde, ist, wie sehr die Darsteller das Puplikum mit einbeziehen. Sei es zwischendurch während der Show oder im Anschluss. Ich finde es wirklich erstaunlich; so intensiv wird woanders nicht der Kontakt zu den Besuchern gesucht.
Besonders die kleineren Zuschauer werden von den Darstellern gerne mit Handschlag begrüßt, bzw. verabschiedet. Einige lassen sogar gerne Selfies mit sich machen. So bleibt jeder Besuch auch per Foto als Erinnerung erhalten.

Die Fotos wurden uns übrigens von ©STARLIGHT EXPRESS zur Verfügung gestellt. Fotograf: Jens Hauer
Vielen Dank an die Presseabteilung.

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