Mythen und Sagen
Dirk Sondermann betreibt nicht nur die Website Sagenhaftes Ruhrgebiet.
2003 gründete Der Diplom-Theologe nebenbei das Institut für Erzählforschung im Ruhrgebiet. Und weil ihm das noch nicht reichte, schrieb er direkt auch noch ein paar Bücher voll mit (un-)bekannten Sagen rund um den Pott.
Man merkt, da hat sich jemand gründlich mit der Bibliothek vertraut gemacht und die alten Erzählungen von Spinnweben befreit.
Inzwischen ist Sondermann auch Vorlesungen rund die westfälischen Legenden kaum noch weg zu denken.
Ganz ehrlich? Ich finde das gut. Der Hattinger gehört damit zu den Menschen, die uns immer wieder zeigen, wie facettenreich das Ruhrgebiet doch sein kann.
Die uns immer wieder daran erinnern, dass der Ruhrpott nicht nur aus Fördertürme, Halden und 1€-Läden besteht, sondern viel mehr zu bieten hat, als die längst abgeschriebene Blütezeit mit dem schwarzen Gold.
Heute möchte ich euch ein paar meiner Lieblingssagen vorstellen.
Wesentlich mehr findet ihr in Dirk Sondermann’s Buch Ruhrsagen – von der Mündung bis zur Quelle.
Anmerkung: Ich fände das Buch in einem alten Ledereinband und alter Schrift irgendwie interessanter.
Das Grubengespenst von Kupferdreh
In der Zeche „Vereinigte Himmelsfürster Erbstollen“ in Essen-Byfang spukt bis heute das Stollengespenst.
Ein ruheloser Geist, der zu seinen Lebzeiten den Bergleuten Unrecht antat. Als Strafe durchwandert er die Tiefen der Erde, sein Kettengerassel und Gestöhne wahrnehmbar im gesamten Bergwerk.
Einmal in ihrer Nähe, erhöhten die Bergleute ihren Arbeitstakt um ihn abzulenken. Wagte dennoch einer, den Geist herauszufordern, materialisierte sich dieser, und der Übermütige verlor Verstand und Leben aufgrund des grässlichen Anblicks.
Wie beruhigend, dass die Zeche mittlerweile geschlossen und versiegelt ist und niemand mehr den Geist heraufbeschwören kann.
Das angrenzende Zechengebäude ist heute ein Wohnhaus. Jemand auf Wohnungssuche?
Der Geist in der Straßenlaterne
Eine etwas jüngere Sage erzählt von einer ständig unnatürlich flackernden Straßenlaterne in Bochum auf der Gahlensche Straße. Auch das mehrmalige Auswechseln der Birne änderte angeblich nichts daran. Irgendwann gruselten sich die Menschen, wenn sie an der Lampe vorbeigehen mussten.
Man erzählte sich, dass bei der Herstellung ein Krupp-Arbeiter in den flüssigen Stahl gefallen und anschließend mitverarbeitet worden war.
Der ewige Student der RUB
Wo, wenn nicht in den Gebäuden der Geisteswissenschaften der Ruhr-Universität Bochum könnte sich ein Geist herumtreiben?
Sein Name: Hajo
Seine Charakteristika: lange Haare, ungepflegte Kleidung, eine Nickelbrille sowie ein muffiger Geruch
Seine Legende: Seit Mitte der Sechziger studiert Hajo an der Hochschule und ewig schreibt er an seiner Doktorarbeit, vom Ehrgeiz zerfressen, eine perfekte Dissertation abzuliefern. Ständig neue Publikationen halten ihn aber von diesem Vorhaben ab.
Wo und wann man Hajo begegnen kann: In den frühen Morgenstunden, kurz bevor die Studentenflut einsetzt, schleicht er durch die Flure und Treppenhäuser der Gebäude GA, GB und GC.
Die Story um den Geist in der Ruhruniversität Bochum kann man zwar auch in die Kiste der Sagen stecken, zählt aber offiziell zu den sogenannten Urbangeschichten.
Besser bekannt als FOAF (friend of a friend).
„Der Freund eines Freundes hat erzählt…“
Wusstest Du schon…?
Eine Sage ist nicht zu verwechseln mit einem Märchen.
Während Märchen komplett frei erfunden sind, sind Sagen an reale Orte gebunden.
Die Menschen nutzten die Erzählungen, um Fragen zu beantworten, auf die sie keine logische Erklätungen hatten.
Zum Beispiel der Tippelsberg.
Eine der Sagen rund um den Tippelsberg gibt an, dass der Riese Tippulus einst auf einer langen Reise war.
Auf dem Weg stoppte er, um seine Schuhe von Lehmklumpen zu befreien. Und diese Lehmklumpen bildeten fortan den Tippelsberg.
Wer sich davon überzeugen Möchte, findet unter jeder Sage den Ort.
Also, viel Spaß beim Schmöckern. Es gibt wirklich interessante Sagen über nahezu jedem Stadtteil.
Die ein oder andere Story passt auch sicher gut beim nächsten Stammtischtreff in die Kneipe.